Achtung, die beißt! – Wie Vorurteile im Kopf entstehen und echte Verbindung verhindern
Eine persönliche Erfahrung mit zwei Seminargruppen
Seit über 30 Jahren arbeite ich mit Gruppen und begleite Menschen in Veränderungsprozessen. Dennoch – selbst mit all dieser Erfahrung – bin auch ich nicht frei von Automatismen. Kürzlich hatte ich zwei aufeinanderfolgende Seminare mit jeweils unterschiedlichen Gruppen. Die erste Gruppe war offen, engagiert, vertrauensvoll – eine Freude. Als die Geschäftsführerin mir jedoch zur zweiten Gruppe sagte:
„Achtung, diese wird ein wenig anders – echte Außendienst-Haudegen“
veränderte sich etwas in mir. Ich ertappte mich dabei, beim ersten Kennenlernen angespannt und vorsichtig zu sein – obwohl ich es besser wissen müsste.
Vorurteile – schnelle Urteile mit tiefen Wurzeln
Vorurteile sind oft nicht das Ergebnis persönlicher Erfahrungen. Sie entstehen durch gesellschaftliche Narrative, mediale Bilder oder unreflektierte Weitergabe. Sie geben Sicherheit, schieben Menschen jedoch vorschnell in Schubladen. Das kann den offenen Dialog – gerade im Berufsleben – massiv erschweren.
Mein eigener innerer Alarmzustand war nicht Ergebnis eines realen Kontakts, sondern einer vorab gesetzten Erwartung.
Die Macht der Selbstreflexion
Statt meiner ersten Reaktion zu folgen, habe ich mich bewusst zurückgenommen. Ich entschied, keine Bewertung vor dem Seminarende abzugeben. Und siehe da: Die zweite Gruppe hat mich tief beeindruckt. Ihre Offenheit, ihr Engagement – sogar ihre emotionale Tiefe – waren bemerkenswert. Eine Erinnerung daran, dass unsere Urteile oft auf wackeligem Fundament stehen.
Warum es sich lohnt, Vorurteile zu hinterfragen
Die gesellschaftlichen Herausforderungen werden nicht kleiner. Umso wichtiger ist es, achtsam zu reflektieren:
- Woher kommt meine Einschätzung?
- Habe ich eigene Erfahrungen gemacht – oder spreche ich aus Übernahme?
- Was könnte ich verpassen, wenn ich diesen Menschen nicht wirklich kennenlerne?
Jede Begegnung ist eine neue Chance. Und oft sind die Unterschiede kleiner als gedacht – während die Gemeinsamkeiten verbinden.
Fazit: Offenheit bringt uns weiter
Wie wir in die Welt hinausschauen, so begegnet sie uns. Wer mit Respekt, Neugier und Wertschätzung auf andere zugeht, wird oft überrascht: nicht von Härte oder Kälte – sondern von Herzlichkeit und Menschlichkeit.
Vorurteile zu hinterfragen bedeutet, sich selbst ernst zu nehmen – und der Welt offen zu begegnen. Wer das wagt, erlebt echte Verbindung.
😊 Denn vielleicht beißt sie gar nicht.